Die Maya sind eine der fünf Kulturen weltweit, die unabhängig voneinander ein Schriftsystem entwickelten. Im Vergleich zu den übrigen Schrift- und Aufzeichnungssystemen in Mesoamerika ist die Hieroglyphenschrift der Mayakultur das einzige lesbare Schriftsystem, das über einen Zeitraum von rund 2000 Jahren verwendet wurde. Die frühesten Textzeugen stammen aus dem guatemaltekischen Tiefland und entstanden im 3. Jahrhundert v. Chr. Die ersten Texte mit Kalenderdaten in der Notation der Langen Zählung (long count) datieren zwischen 36 v. Chr. bis 126 n. Chr. und finden sich im Hochland und an der Pazifikküstenregion Guatemalas. Der Schriftgebrauch in diesen Regionen brach am Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. allerdings ab. Die erste, sicher datierbare Hieroglypheninschrift in der Folgezeit stammt aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. und kommt erneut aus dem Tiefland. Aus heutiger Forschungssicht liefert sie einen weiteren Beleg für die lange und intensive Maya-Schrifttradition, die in der Klassischen Periode (100 - 810 n. Chr.) ihren Höhepunkt erreichte. Sie dauerte bis zur Ankunft der spanischen Eroberer im 16. Jahrhundert an und wurde bis in das späte 17. Jahrhundert im Untergrund fortgeführt.
Der Durchbruch in der Entzifferung der Mayaschrift fand erst in den 1950er Jahren statt und viele Fragestellungen sind in der Forschung noch ungeklärt. An dieser Stelle setzt das Projekt “Textdatenbank und Wörterbuch des Klassischen Maya” an.
Wir geben hier einen allgemeinen Überblick zum Aufbau und zur Funktionsweise des Schriftsystems. Im Einklang mit der Zielsetzung des Projekts umreißen wir an dieser Stelle auch aktuelle Forschungsfragen, Desiderata und konkrete Problemfelder, deren Schließung das Anliegen des Projekts ist.